Alpencross 2018 Etappe 04

Prad – Stilfser Joch – Livigno 59 km, 2723 hm

Über das Stilfser Joch nach Livigno

In Prad am Stilfserjoch fand ich eine überraschend günstige und gemütliche Unterkunft direkt im Ortszentrum: das Eiscafé Ortler, eine Mischung aus Café, Pension und perfektem Ausgangspunkt für eine Etappe, die mir landschaftlich viel versprach – und nervlich einiges abverlangte.

Der erste Abschnitt führte mich über Gomagoi und Trafoi hinauf zum legendären Stilfser Joch – komplett auf Asphalt, was zunächst noch angenehm war. Doch ab Trafoi wurde es ernst: Hunderte Rennradfahrer, dazu Motorräder und eine schier endlose Kolonne an PKWs. Die Straße war lebendig, bunt – aber auch laut, eng und chaotisch. Wer hier nicht mental vorbereitet ist, der verliert schnell die Nerven. Doch mit etwas Geduld, gutem Tritt und einer Portion Gleichmut kämpft man sich langsam Kehre für Kehre nach oben.

Nach rund 1.900 Höhenmetern und je nach Kondition vier bis sechs Stunden war es endlich geschafft – Stilfser Joch, 2.757 Meter über dem Meer. Oben herrschte der übliche Rummel, fast wie auf einem Jahrmarkt – Bratwurststände, Selfie-Touristen, dröhnende Motoren. Ich ließ mich davon nicht beirren und rollte direkt bis zum Passende weiter, wo ich beim rechten der beiden italienischen Lokale einkehrte. Wie so oft: Nudeln, Wasser, ein Espresso – Standard, aber gut.

Nach einer knappen Stunde Rast ging es weiter – zunächst etwa 300 Höhenmeter hinab Richtung Umbrailpass. Doch direkt am Grenzübergang bog ich nach links auf einen schmalen Trail ab, der mich bald zu einer weiteren kleinen Scharte auf 2.772 m führte. Auch dieser Anstieg war ruppig, teils zu schieben, aber ruhig und ganz im Kontrast zum Trubel vom Vormittag.

Die Belohnung: eine lange Abfahrt, die sich wie eine kleine Ewigkeit anfühlte – über 6 Kilometer auf losem Untergrund hinunter zum still daliegenden Lago di Cancano. Hier wurde es ruhiger, weiter, wilder – ein völlig anderes Bild der Berge als noch am Vormittag.

Ich folgte der südlichen Uferseite des Sees in Richtung Westen und nahm schließlich den Alpisella-Pass in Angriff – den letzten Anstieg des Tages. Noch einmal forderten ca. 400 Höhenmeter auf den letzten 20 Kilometern bis nach Livigno meine Kraftreserven.

Doch dann war es geschafft: Livigno, lebhaft, hoch gelegen und umgeben von Bergen, empfing mich mit milder Abendsonne – ein würdiger Abschluss einer langen, landschaftlich großartigen und emotional aufgeladenen Etappe.

Gesamtstrecke: 56.38 km
Maximale Höhe: 2752 m
Gesamtanstieg: 2654 m
Gesamtzeit: 06:45:57
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